Der nord-westliche Rand Kreuzbergs im Zentrum Berlins
Am westlichen Rand des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg im Stadtteil Kreuzberg liegt die Straße mit dem Namen ›Hafenplatz‹, die für den Durchgangsverkehr Richtung Schöneberger Straße gesperrt ist. Die Straße Hafenplatz trennt den kleinen Mendelssohn-Bartholdy-Park, der südlich zum Landwehrkanal liegt, vom auffällig mit Terrassenstufen gestalteten Gebäudekomplex, der an der Westseite von der Köthener Straße, im Norden von der Bernburger Straße und im Osten von der auf den Hafenplatz einmündenden Dessauer Straße begrenzt ist.
Bis 1944 stand hier die „Alte Berliner Philharmonie“, deren Reste 1952 abgerissen wurden. Erst in den 1970er Jahren wurde das Gelände wieder bebaut. Als Bestandsbebauung erhebt sich seither eine Wohnanlage mit rund 220 Wohnungen und einer Reihe studentischer Apartments. Im Erdgeschoss befinden sich einige Gewerbeeinheiten.
Im Berliner Bauwerke-Jargon wird der Komplex wegen der Form mit mehreren Seitenhäusern, die an einem Punkt zusammenlaufen, „die Spinne“ genannt.
Im Rahmen der Entwicklung des Geländes am Potsdamer Platz wurde hier in den 1990er-Jahren die mit einer Wohnanlage überbaute U-Bahnstation Mendelssohn-Bartholdy-Park errichtet, wodurch das Quartier hervorragend an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen ist. Aus der „Mauerlage“ zu Zeiten der geteilten Stadt hat sich ein Standort im Zentrum der Stadt entwickelt.
Neben normaler Wohnnutzung umfass der Komplex ein Studentenwohnheim, das aktuell in Kooperation mit dem Land Berlin zur Unterbringung von Geflüchteten genutzt wird. Nach Ablauf der Sozialförderung Ende 2017 wurde das Gebäude verkauft.
Erste Konzeptansätze 2018-2019
Gemeinsam mit der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag stellte die Art Projekt ihr Entwicklungskonzept im bezirklichen Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen vor, erstmals im November 2018 (Download: Präsentation von 2018) und erneut im September 2019 (Download: Präsentation 2019). Als GFZ wurde eine 3,0 angestrebt, welche sich über das bestehende Baurecht auf Grundlage des Baunutzungsplans umsetzen lassen würde. Entstehen sollte eine Mischung aus Wohnen, Gewerbe und kulturellen Nutzungen. Die Gewobag sollte ca. 57% des Wohnraums erwerben. Das Konzept sah den Abriss der Bestandsgebäude an der Köthener Straße vor. Im Ausschuss wurde das Projekt damals wohlwollend zur Kenntnis genommen. Der Bezirk beauftragte im Anschluss die asum GmbH für angewandte Stadtforschung und Mieterberatung, um ein Sozialplanverfahren zu entwickeln und die Mieter zu begleiten, damit diese am Standort wohnen bleiben könnten, nach Fertigstellung von Neubauten dann bei der Gewobag. Bis heute ist die asum vor Ort präsent. Das Konzept wurde schließlich nicht weiterverfolgt, da verschiedene Rahmenbedingungen laut Art Projekt und Gewobag nicht mehr gegeben waren.
Neuer Zusammenschluss von Unternehmen möchte ein neues Quartier entwickeln
Heute ist der Komplex, erweitert um zwei Wohngebäude im Eigentum der ›Gamma Invest Berlin GmbH‹. Die ›Entwicklungsgesellschaft Quartier am Hafenplatz mbH‹, bestehend aus Artprojekt Entwicklungen GmbH, hedera bauwert GmbH und tti Group möchte mit dem landeseigenen Wohnungsunternehmen Gewobag mit ihrer EB Entwicklungs- und Baubetreuungsgesellschaft mbH gemeinsam die Entwicklung durchführen.
Das neue Entwicklungskonzept sieht einen ähnlichen Nutzungsmix vor wie in 2019 mit dem Unterschied, dass die angestrebte Baumasse höher ist und der Gebäudebestand, abgesehen von einem Gebäude der Gewobag, komplett abgerissen werden soll.
Den Komplettabriss betrachtet das Konsortium als unumgänglich, da die Gebäudesubstanz gravierende bauliche Mängel und Nachteile aufweise. Die Gewobag erklärt, dass sie die bestehenden Gebäude nicht übernehmen würde.
Städtebaulicher Ideenwettbewerb
Von September bis Dezember 2024 hat das neue Konsortium einen Ideenwettbewerb zur städtebaulichen Neuordnung des Areals durchgeführt. Ergebnis sind zwei Vorzugsvarianten . Diese wurden am 10.1.2024 den Nachbarn und Öffentlichkeit bei einer Veranstaltung vorgestellt und am 25.1.2024 dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen (Download: Präsentation, PDF 38 MB). Das Konsortium strebt an, dass die städtebauliche Neuordnung durch einen neuen Bebauungsplan des Bezirksamtes ermöglicht wird.
Für das Bezirksamt müssen drei Themenkomplexe geklärt werden:
- Städtebau: Ist eine Neuordnung und Verdichtung des Quartiers in der vom Konsortium angestrebten Art städtebaulich sinnvoll?
Mit den Ergebnissen der Ideenwerkstatt könnte ein Aufstellungsbeschluss, der ein Bebauungsplanverfahren einleitet, gefasst werden. Grundsätzlich hält das Bezirksamt die beiden Vorzugsvarianten aus dem Ideenwettbewerb für städtebaulich umsetzbar, auch wenn noch viele Fragen offen sind, deren Klärung im Rahmen eines Bebauunbgsplanverfahrens erfolgen kann. Entscheidend ist nun das Votum der BVV. Ohne eine Beschlussempfehlung der BVV oder des Ausschusses für Stadtentwicklung wird das Bezirksamt keinen Aufstellungsbeschluss erlassen. - Abriss: Ist ein Komplettabriss aus umwelt- und klimapolitischer Sicht sinnvoll?
Die Hypothese des Vorhabenträgers eines notwendigen Komplettrückbaus (Abriss) wird durch ein Gutachten des Büros Life Cycle Engineering Experts GmbH (LCEE) in Form eines Nachhaltigkeitskonzeptes unterlegt. Um die Plausibilität dieses, vom des Vorhabenträger beauftragten, Gutachtens zu prüfen, hat das Bezirksamt ein Stellungnahmeverfahren durchgeführt. - Mieterinteressen: Ist das städtebauliche Entwicklungskonzept so Umsetzbar, dass Mieter nicht verdrängt werden?
Das Bezirksamt fordert, dass alle Mieter am Standort bleiben können. Wenn die BVV beschließt, dass die städtebauliche Neuordnung und der Rückbau weiter verfolgt werden sollen wird das Bezirksamt gemeinsam mit der Asum (oder einem anderen Dienstleister) und Gewobag ein Sozialplanverfahren entwickeln um dieses Ziel zu erreichen.