Neue Kooperationen
für leistbare und offene Räume

in Friedrichshain-Kreuzberg

Beitrag

Entwicklung eines Vorkaufsrats

Permanent neue Prüffälle für die Anwendung des kommunalen Vorkaufsrechts

Wöchentlich kommen neue Verkäufe von Mietshäusern zur Prüfung auf den Tisch des Stadtrats. In nur zwei Monaten muss ein möglicher Vorkauf für gemeinwohlorientierte Dritte organisiert sein. Wenn die Hausgemeinschaften in dieser Situation eine aktive Rolle einnehmen wollen, werden sie stark herausgefordert. Die Kontaktbeschränkungen zum Zwecke der Pandemiebekämpfung machen die Selbstorganisation zusätzlich kompliziert. Der Vorkaufsrat soll Betroffene und Beteiligte schneller handlungsfähig machen.

Schon viel gemeinsam erkämpft und gestemmt

Seit 2015 im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg erstmals in Deutschland in einem Milieuschutzgebiet, das kommunale Vorkaufsrecht für Dritte als „schärfstes Schwert“ zum Schutz der Mieter*innen verwendet wurde, hat die Diskussion um die Wahrnehmung vob Vorkaufsrechten eine deutliche Dynamik entwickelt. Das Land Berlin hat Fördermöglichkeiten geschaffen und Investitionsmittel bereitgestellt, die zur Finanzierung von Vorkaufsrechten eingesetzt werden können. Seither ist Investor*innen klar, dass Bezirke und Senat gewillt sind, in Immobiliengeschäfte tatsächlich einzugreifen, die wahrscheinlich eine Verdrängung der Mieter*innen verursachen könnte.

Vorrangiges Ziel der Bezirke ist dabei, dass die Käufer*innen vom Bezirksamt vorgelegte „Abwendungsvereinbarungen“ unterzeichnen, wodurch sie vertraglich bestätigen, dass sie für einen Zeitraum von in der Regel 20 Jahren darauf verzichten, bauliche Maßnahmen durchzuführen, die über Umlagen auf die Miete zu drastischen Mieterhöhung führen könnten. Ausgeschlossen werden so z.B. Anbauten von Balkonen oder Liften, sowie generelle Luxussanierungen und durch diesen Verzicht wenden die Käufer*innen den Vorkauf durch die Kommune ab.

In den letzten Jahren haben Hausgemeinschaften mit Hilfe verschiedener Initiativen auf ihre Einzelfälle aufmerksam gemacht. In verschiedenen Modellen gelangen so einige Vorkäufe für gemeinwohlorientierte Dritte. In der Regel sind die einspringenden Dritten landeseigene Wohnungsunternehmen, aber auch Genossenschaften und Mietshäuser Syndikat Projekte konnten so schon Häuser übernehmen. Diese gemeinwohlorientierten Dritten müssen dann ihrerseits erfüllen, was von den Käufer*innen in der Abwendungsvereinbarung eingefordert wurde, denn nur wenn eine Abwendungsvereinbarung nicht zustande kommt, kann die Kommune zur Erfüllung dieser Forderungen einen Dritten einsetzen. Leider haben die Käufer*innen bis zur letzten Sekunde der 2-monatigen Prüfungs- und Verfahrensfrist Zeit, auf die vorgelegten Abwendungsvereinbarungen einzugehen. Die Organisation einer gemeinwohlorientierten Übernahme durch Dritte kann also bis zum letzten möglichen Moment verpuffen, wenn die Käufer*innen sich dann doch noch schnell auf einen Abwendungsvereinbarung einlassen.

Im Jahr 2020 wurde das Vorkaufsrecht stark herausgefordert, weil einige Konzerne große Paketverkäufe vorgenommen haben. Gleichzeitig haben also über 20 – in einem Fall rund 150 Häuser – die Eigentümer*in gewechselt. D.h. es mussten gleichzeitig und parallel für etliche Häuser Vorkaufsmöglichkeiten und Finanzierungen geprüft werden.

Seit diesen spektakulären Paketverkäufen und den gemeinschaftlich organisierten Protesten darum herum ist weniger mediale Aufmerksamkeit auf die regelmäßig geschehenden Einzelfälle gerichtet. Dennoch sind die Aufgaben nicht kleiner geworden.

Leider konnte von den überzeugenden Vorschlägen und Forderungen zur Verbesserung der Rechtslage rund um die Wahrnehmung von kommunalen Vorkaufsrechten, die in gemeinsamen Prozessen am Rande der großen Mobilisierungen der letzten Jahre entwickelt wurden, politisch nicht viel umgesetzt werden. Die Bereitstellung von Landesmitteln und die Leitlinie zur Wahrnehmung von Vorkaufsrechten, die vom Berliner Senat für die Bezirke ausgegeben wurde, kann allerdings schon als Erfolg der Bewegung gewertet werden.

Der Situation im Jahr 2021 gerecht werden

Um der Situation der ständig neu in Verkaufsprozesse und Prüfverfahren geratenden Hausgemeinschaften gerecht zu werden, sollten die Mieter*innengemeinschaften angemessen aufgefangen werden. Da jedes einzelne Prüfverfahren vom Stichtag an standardisiert 2 Monate dauert, sind auch alle betroffenen Hausgemeinschaften in unterschiedlichen Phasen des Verfahrens und haben differierende Bedürfnisse.

Ein Ansatz ist, einen Vorkaufsrat zu gründen, in dem die Hausgemeinschaften ankommen können und mit ihren Fragen aufgefangen werden.

Die Runde sollte besetzt sein mit einigen Menschen, die den Wissenstransfer tragen. So sollte schnell für jede Hausgemeinschaft erkennbar werden, wie die eigene Situation einzuschätzen ist. Es gibt eine starke Abhängigkeit zu den zum Verkauf gehörenden Daten: Kaufpreis, Wohnungsanzahl, Nutzfläche, Zustand des Hauses, Zusammensetzung der Mieter*innenschaft, Mietniveau, am Kauf Beteiligte usw.

Ideal wäre, wenn in diesem Gremium die Einzelfälle hinsichtlich der Optionen sortiert bzw. das mögliche Handeln der Betroffenen orientiert werden könnte. Was ist für den Einzelfall das strategisch beste Ziel? a) Abwendungsvereinbarung durchsetzen, b) Übernahme durch ein landeseigenes Wohnungsunternehmen oder c) durch eine Genossenschaft, oder sogar c) durch ein selbstorganisiertes Mietshäuser Syndikat. Besteht die Möglichkeit, andere zivilgesellschaftliche vertragliche Absicherungen der Mietverhältnisse zu erreichen? Was sind demnach die richtigen und lösbaren Aufgaben für die Hausgemeinschaft sowie für andere zu integrierende Akteure?

Zur Entwicklung dieses Ansatzes kooperieren betroffene Hausgemeinschaften und Menschen aus Häusern, bei denen Vorkaufsverfahren durchlaufenen wurden sowie einige Aktive aus Initiativen, die sich intensiv auf die Thematik konzentrieren. Hinzukommen könnten intermediäre Akteure der AKS, LokalBau und Fachleute aus der zuständigen Verwaltung.

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In Zusammenarbeit von:AKS GI-Stelle Vorkaufsrat XHain

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