Neue Kooperationen
für leistbare und offene Räume

in Friedrichshain-Kreuzberg

Beitrag

Hafenplatz: Bewertung vorliegender Gutachten

Was die Gutachten wirklich zeigen – und was jetzt passieren muss.

Mit der jetzt vorliegenden Analyse der Gutachtenlage zum Hafenplatz steht erstmals eine unabhängige, vollständige und fachlich abgestimmte Bewertung des baulichen, ökologischen und wirtschaftlichen Zustands der Bestandsanlage zur Verfügung. Die Untersuchung wurde von studio adhoc GmbH im Auftrag des Bezirks im Rahmen der LokalBau-Strategie erstellt und gemeinsam mit dem Architekten Malte Wilms erarbeitet.

Am 4.12.2025 wird die Analyse im Stadtentwicklungsausschuss der BVV Friedrichshain-Kreuzberg vorgestellt. Mit diesem Beitrag wird sie zugleich öffentlich dokumentiert und für die weitere Debatte im Bezirk zugänglich gemacht.

Zentrale Ergebnisse – kompakt

Die Gesamtschau aller Gutachten ergibt drei wesentliche Befunde:

1. Der Bestand ist grundsätzlich sanierungsfähig.

Die statischen Gutachten zeigen zwar deutliche Schäden, liefern jedoch keinen belastbaren Nachweis dafür, dass eine Sanierung technisch nicht machbar oder wirtschaftlich nicht darstellbar wäre. Die Abrissargumente stützen sich überwiegend auf selektive Befunde, veraltete Daten und pauschale Kostenschätzungen.

2. Ökologisch ist der Erhalt klar überlegen.

Die Neubau-LCA der Eigentümerseite basiert auf optimistischen Annahmen. Unter realistischen Bedingungen – inklusive Rückbau-Emissionen, grauer Energie und Ressourcenschonung – weist die Sanierung eine deutlich bessere Gesamtbilanz auf. Erhalt spart typischerweise 50–60 % der Emissionen gegenüber einem Neubau.

3. Auch wirtschaftlich ist eine Sanierung plausibel darstellbar.

Die bisherigen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen sind nicht umfassend und bevorzugen implizit Neubauszenarien. Eine realistische Betrachtung, die Abriss-, Entsorgungs- und Stillstandskosten berücksichtigt, zeigt: Eine abschnittsweise Sanierung ist finanzierungsfähig und mit geringeren Projektrisiken verbunden als ein Komplettneubau.


Was in den Gutachten fehlt – und warum das entscheidend ist

Die Analyse zeigt klar, dass zentrale Grundlagen einer verantwortlichen Entscheidung bislang nicht erhoben wurden:

  • flächendeckende Schadenskartierungen,
  • materialtechnische Untersuchungen (Karbonatisierung, Chloride, Bohrkerne),
  • differenzierte Sanierungsvarianten inklusive Kosten- und Bauphasenlogik,
  • ein konsistentes Entwicklungsszenario mit Finanzierungsstruktur,
  • eine belastbare, systemgrenzenkongruente Ökobilanz für Sanierung und Neubau.

Diese Lücken sprechen nicht gegen die Sanierbarkeit des Bestands – im Gegenteil: Sie zeigen, dass die bisherige Argumentationslage zugunsten eines Abrisses fachlich nicht hinreichend untersetzt ist.


Empfehlung: Ein leistungsfähiges Entwicklerteam einsetzen

Die Analyse führt zu einem klaren nächsten Schritt:

Ein interdisziplinäres Entwicklerteam sollte beauftragt werden, das Sanierungsszenario aus einer integrierten Projektentwicklungs-, Finanzierungs- und Umsetzungslogik heraus zu prüfen und weiterzuentwickeln.

Ein solches Team sollte folgende Kompetenzen vereinen:

  • Tragwerk / Bauphysik / Energie und technische Gebäudeausrüstung,
  • Projektsteuerung, Bauphasen- und Interimslogistik,
  • Fördermittel- und Finanzierungsstrukturierung,
  • Wirtschaftlichkeits- und Lebenszyklusbetrachtungen.

Nur diese Konstellation kann ein realistisch umsetzbares, förderfähiges und wirtschaftlich tragfähiges Sanierungsszenario entwickeln, das die Handlungssicherheit des Bezirks stärkt und Perspektiven für die Bewohner*innen eröffnet.


Warum diese Analyse veröffentlicht wird

Der Hafenplatz ist eines der bedeutendsten städtebaulichen Transformationsvorhaben in Friedrichshain-Kreuzberg. Die Debatte darf sich nicht auf unvollständige oder einseitige Abrissnarrative stützen.

Mit der Veröffentlichung verfolgen wir vier Ziele:

  • Transparenz über die Datenlage,
  • Versachlichung der öffentlichen und politischen Diskussion,
  • Benennung der notwendigen Ergänzungsuntersuchungen,
  • Stärkung der fachlichen Grundlage für die nächsten Entscheidungsprozesse (Erhaltungsziele, Vorkaufssatzung, weitere Verfahrensstrategie).

Das vollständige Gutachtenanalyse-PDF wird hier bereitgestellt und dokumentiert den fachlichen Stand, auf dem der Bezirk seine weiteren Schritte aufbauen kann.

Beitrag im Netzwerk

In Zusammenarbeit von:LokalBau studio adhoc

Ist ein Beitrag zur Baustelle:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert